Konkrete Massnahmen gegen Belästigung im öffentlichen Raum

Wie zahlreiche Städte ist auch Freiburg von Belästigung im öffentlichen Raum betroffen: Dies geht aus der Studie hervor, die in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Soziale Arbeit (HSA-FR) durchgeführt wurde. Nun hat die Stadt einen Massnahmenkatalog erarbeitet, der ab nächstem Jahr umgesetzt werden soll.

Wie verbreitet ist das Phänomen der Belästigung im öffentlichen Raum in der Gemeinde? Um eine klare Antwort auf diese Frage zu finden, führte die Stadt Freiburg Ende letzten Jahres in Zusammenarbeit mit der HSA-FR eine umfassende Untersuchung durch. Diese umfasste zwei Teile: eine Online-Umfrage sowie ein "World Café" mit verschiedenen Verbänden, Einrichtungen und Vertreterinnen und Vertretern der Stadt und des Staates.

Vier von fünf der Umfrageteilnehmer wurden schon im öffentlichen Raum belästigt

Resultat: Wie in anderen Städten in der Schweiz und auf der ganzen Welt ist Freiburg von Belästigung im öffentlichen Raum betroffen. In den fast 4300 gültigen Fragebögen, die registriert wurden, gaben 79 % der Befragten an, bereits Opfer von Belästigung geworden zu sein, wobei es sich überwiegend um junge Frauen und LGBT-Menschen handelt. Das Phänomen tritt in verschiedenen Formen und an unterschiedlichen Orten auf: Reiben und Berührungen finden meist in öffentlichen Verkehrsmitteln, Bars, Clubs und an Festen statt. Anzügliche Bemerkungen, Kommentare über Kleidung, unsittliche Angebote, sexistische, rassistische und religiöse Beleidigungen sowie Drohungen kommen hauptsächlich am Bahnhof und im Stadtzentrum, aber auch in den Quartieren vor; einige Personen gaben ausserdem an, dass sie auf der Strasse verfolgt wurden. Diese Taten geschehen zu jeder Tageszeit, für Frauen unter der Woche wie am Wochenende, und für beide Geschlechter vermehrt am Abend.

Belästigung im öffentlichen Raum ist kein Kavaliersdelikt, sondern hinterlässt Spuren: mehr als 60 % der Frauen und 45 % der Männer haben ihr Verhalten geändert, um sich zu schützen. Sie gehen nicht mehr allein raus, nehmen einen anderen Weg, kleiden sich anders, vermeiden öffentliche Verkehrsmittel oder zeigen ihre sexuelle Orientierung nicht mehr in im öffentlichen Raum.

Wer Zeuge einer Belästigung wird, ist oft wie gelähmt. Drei Viertel der Personen, die schon belästigt wurden, gaben an, keine Hilfe von Anwesenden erhalten zu haben. Die Mehrheit der Befragten hat bereits solche Szenen miterlebt, aber viele von ihnen haben aus Unwissenheit oder Angst nichts unternommen.

Parallel zu dieser Umfrage kamen im Rahmen eines "World Café" verschiedenen vom Thema betroffene Akteure zusammen und tauschten sich aus, um in einem partizipatorischen Verfahren bestehende Massnahmen in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Sicherheit, Verkehr und Recht zu erfassen, aber auch um Bedürfnisse zu ermitteln und Empfehlungen zu erarbeiten.

Eine Antwort in sieben Massnahmen

Basierend auf den Ergebnissen der Umfrage erstellte der Sektor für gesellschaftlichen Zusammenhalt der Stadt Freiburg einen Massnahmenkatalog zur Bekämpfung dieser Art von Belästigung. Der Gemeinderat validierte kürzlich die Vorschläge, die dafür sorgen sollen, dass sich jede und jeder im öffentlichen Raum wohl und sicher fühlt. Sie werden in den nächsten Jahren umgesetzt, sofern das Budget vom Generalrat im Dezember genehmigt wird. Der Katalog umfasst sieben Massnahmen:

  1. Austauschplattform: Die Plattform besteht aus Vertreterinnen und Vertretern von Verbänden, Einrichtungen und öffentlichen Ämtern und trifft sich mehrmals pro Jahr. Sie beteiligt sich an der Erstellung des globalen Konzepts, der Umsetzung von konkreten Aktionen und der Konzeption von Projektausschreibungen.
  2. Projektausschreibungen: Einmal im Jahr wird ein Aufruf zur Einreichung von Projekten veröffentlicht, um die Umsetzung von Massnahmen für Opfer, Zeugen oder Verantwortliche von Belästigung im öffentlichen Raum zu erleichtern; die ausgewählten Projekte werden von der Stadt finanziell unterstützt.
  3. Nützliche Adressen: Auf der Website der Stadt wird dem Thema Belästigung im öffentlichen Raum eine eigene Seite gewidmet. Dort sind insbesondere Angebote von in diesem Bereich tätigen Verbänden, Einrichtungen und Behörden aufgeführt. Gleichzeitig werden diese Informationen in Druckform verbreitet.
  4. Öffentliche Sensibilisierungsmassnahmen: Ab 2022 organisiert die Stadt einmal pro Jahr eine öffentliche Sensibilisierungsmassnahme, z. B. in Form eine Themenwoche oder einer Kommunikationskampagne.
  5. Interne Sensibilisierungsmassnahmen: Die Mitarbeitenden der Stadt, die regelmässig im Kontakt mit der Bevölkerung stehen (z. B. Polizeibeamte) werden zum Thema sensibilisiert.
  6. Partizipative Verfahren: Die Gestaltung bestimmter Orte (Bushaltestellen, Parks usw.) kann dazu beitragen, dass sich alle Benutzer wohl fühlen. Von nun an wird das Thema im Rahmen von partizipativen Verfahren bei Stadtplanungsprojekten besser berücksichtigt.
  7. Datensammlung: Eine Datenerfassung wird in regelmässigen Abständen, grundsätzlich während jeder Legislaturperiode, durchgeführt. Dieses Monitoring wird die Entwicklung im Bereich der Belästigung im öffentlichen Raum zeigen.

Ausserdem unterstützt die Stadt die Bachelorarbeit einer Freiburger Studentin der Haute école de gestion in Neuenburg, die sich mit der Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Rechte von LGBT-Menschen befasst, eine der am stärksten von Belästigung betroffenen Personengruppe. Interessierte können an der Umfrage unter folgendem Link teilnehmen.