Eine Tischsammlung und eine kulturelle Verwaltung, um das Nützliche mit dem Angenehmen zu verbinden

Freiburg ist eine Stadt der Feinschmecker, das ist wohlbekannt. Sie will jedoch nicht nur Sterne-Restaurants anzubieten haben, sondern möchte eine eigentliche Sammlung von Künstlertafeln im öffentlichen Raum schaffen. Um leerstehende Geschäftsflächen aufzuwerten, prüft die Stadt ausserdem den Gedanken, eine kulturelle (Immobilien-) Verwaltung zu schaffen. Diese Projekte sind ein Ergebnis des Kulturtages vom 28. Februar 2018. Dieser war dem Thema "Öffentlicher Raum, kultureller Spielraum?" gewidmet.

150 Fachleute aus den Bereichen Kultur, Stadtplanung, Fremdenverkehr, Wirtschaft, Erziehung, Sozialwesen und Politik trafen sich am 28. Februar 2018 in Freiburg, um die Frage zu beraten, welchen Platz die Kultur im öffentlichen Raum einnehmen kann.

Gilt die Gleichung «Öffentlicher Raum = kultureller Spielraum»?  "Ja, aber", haben die Fachleute geantwortet.

Ja, um zugänglich zu werden, muss die Kultur ihre Mauern verlassen und sich zu den verschiedenen Publika bewegen. Nicht alle Bürgerinnen und Bürger sind in der Lage, ein Kulturzentrum, ein Museum oder eine Bibliothek zu betreten, weil verschiedene Gründe (soziale, finanzielle usw.) sie daran hindern. Ja, der Künstler oder die Kunsteinrichtung können Kunst im öffentlichen Raum zeigen, sofern die Rahmenbedingungen dies erlauben. Ja, der Zugang zur Kultur kann zwar unentgeltlich sein, doch künstlerisches Schaffen kostet auch Geld.

Nein, die Kultur steht nicht im Dienst des Marketings. Man kann die Kunst nicht instrumentalisieren; ihre Bestimmung besteht nicht darin, nützlich zu sein. Marketing oder Mediation sind von künstlerischem Schaffen zu unterscheiden, ebenso wie ein Event oder eine soziokulturelle Animation von einem künstlerischen Akt. Um aussagekräftig zu sein, darf ein Kunstprojekt für den öffentlichen Raum nicht den Auftrag haben, allzu differenzierten Vorgaben zu entsprechen. Gemäss den Fachleuten ist die eigentliche Frage, die es zu stellen gilt, jene nach dem Publikum – dem Publikum in seinem Raum, dem öffentlichen Raum.

Welches wären die Bedürfnisse hinsichtlich der Kunst oder der Belebung im öffentlichen Raum? Die Verwaltung ist an den Meinungen der Bevölkerung interessiert: : culture [at] ville-fr [.] ch (culture[at]ville-fr[dot]ch), 026 351 71 43. 

Freiburgischer Sonderfall

Neben den oben skizzierten Antworten hat dieser erste Kulturtag mit seiner innovativen Form und seinem ebenso innovativen Inhalt noch weitere Elemente zu Tage gefördert. Es scheint tatsächlich einen freiburgischen Sonderfall zu geben. Dieser besteht in der Fähigkeit, zusammenzuarbeiten oder sogar gemeinsam schöpferisch tätig sein, und dies in einem Austausch, der von Wohlwollen und Respekt geprägt ist. Es gilt dies für verschiedene Wirtschaftszweige.

Dieser neue Kulturdialog hat begünstigt, dass sich Erfahrung und Exzellenz auf der einen Seite und Emergenz, Frische sowie neue Ideen auf der anderen Seite begegnen können. Die erfahrenen Akteure des Kulturlebens zeigten sich begeistert angesichts der Tatsache, dass es nicht an Nachwuchs fehlt. Die Emergenz nährt und stärkt das kulturelle Ökosystem und ist an der Umsetzung des strategischen Ziels «OrganiCité» von KULTUR 2030 beteiligt.

Was wird die Stadt Freiburg konkret unternehmen?

Eine kulturelle Verwaltung

20 konkrete Ideen waren während des offenen Forums des Kulturtages 2018 aufgetaucht. Grösste Zustimmung erntete die Idee einer kulturellen (Immobilien-) Verwaltung. Die Idee, vorgeschlagen von Nicola Marthaler, einem jungen Kulturakteur, hat sich bereits ihren Weg gebahnt, ist sie doch in KULTUR 2030 enthalten, dem Bericht der Konsultativkonferenz zur Kultur in der Region Freiburg.

Das Projekt einer kulturellen (Immobilien-) Verwaltung –man könnte auch von einer kulturellen Vitrine sprechen – besteht darin, leerstehende Geschäftsflächen während einer begrenzten Dauer aufzuwerten, was im Interesse der Besitzer ist; den Mietern wiederum gibt dies die Möglichkeit, im Herzen der Stadt über einen Zeit-Raum für ihr künstlerisches Schaffen und ihre Sichtbarkeit zu verfügen. Die Stadt Freiburg erprobt diese Idee bei verschiedenen Gelegenheiten: Seit 2017 während des Wochenendes der Nikolausfeier, indem zum Beispiel Ladengeschäfte des Burgquartiers aufgewertet werden. Die ungewöhnliche Form des Kulturtages 2018 hatte es möglich gemacht, die Idee der kulturellen Vitrinen zu prüfen, indem prächtige Räume wie etwa die Alte Post beim Georges-Python-Platz und Ladengeschäfte der Lausannegasse in Beschlag genommen wurden.

Derzeit lässt das Kulturamt der Stadt Freiburg durch einen Auftragnehmer die Nützlichkeit und die Machbarkeit der kulturellen (Immobilien-) Verwaltung (oder der kulturellen Vitrine) für die Hauptbeteiligten untersuchen; fallen die Ergebnisse positiv aus, wird für den nächsten Winter eine konkrete Umsetzung angestrebt.

Freiburg, Stadt der Tafeln

Mit dem Ziel, die Gesamtheit der Bevölkerung von der Anschaffung von Kunstwerken profitieren zu lassen, hat die Stadt Freiburg 2015 einen Projektaufruf für künstlerisches Stadtmobiliar lanciert. Die Initiative gehörte, im Nachgang zur Schliessung der Zähringerbrücke, ebenfalls zur Wiederaufwertung des Burgquartiers. Kunst im öffentlichen Raum als Künstlertafeln vorschlagen, indem das Nützliche mit dem Angenehmen verbunden wird, dabei zugleich die hohe Restaurant-Qualität aufscheint und neue Begegnungsräume geschaffen werden: Diese anderen Ziele wurden ebenfalls erreicht. 2016 wurden zwei Künstlertafeln eingeweiht:

Die Installation La Table du Bourg, erdacht von Joris Pasquier, nutzt die starke Neigung des Nova-Friburgo-Platzes, um nicht nur einen sehr ästhetisches Kunstwerk zu schaffen, welches sich auf die vielen charakteristischen Brücken der Stadt Freiburg bezieht, sondern ist auch Mobiliar, das eine wirkliche Verbindung zwischen den Personen sowie zwischen «Oberstadt» und «Unterstadt» schafft. Die Überlänge des Tisches am Fuss der Lausannegasse erinnert an die grossen gemeinsamen Tische in den Gaststätten, wo man sich gerne vermischt, um miteinander zu diskutieren.

Plaque en béton sur Jaguar écrasée, ist ein eindrückliches Werk des Freiburger Designers Boris Dennler, das die Jury mit Humor und starker Symbolik beeindruckt hat – ein zerquetschtes Jaguar-Automodell, das in einen gewaltigen Tisch von 8 Quadratmetern umgewandelt wurde und in dessen Kofferraum sich ein Fondue-Set befindet. Die Installation spielt auf Themen an, die Jean Tinguely am Herzen lagen. Sie wurde anlässlich des Grand Prix Tinguely am 3. September auf der Schützenmatte (Grand-Places)eingeweiht. Derzeit befindet sich das Werk vor der Berufsfachschule für Gestaltung eikon auf der Pérolles-Ebene; auf diese Weise erhält das Quartier seine eigene Künstlertafel.

Die Echos aus der Bevölkerung, von Passanten und Touristen auf diese Künstlertafeln/Kunstwerke sind ausgezeichnet. Die Stadt Freiburg hat beschlossen, mit der Schaffung von Künstlertafeln weiterzufahren, um langfristig eine eigentliche Sammlung zu kreieren. Ein neuer Aufruf für künstlerische Projekte wird demnächst lanciert.